Heiliger Geist in Kleinformat (bei Kindern)?

Erst dachte ich, es sei wieder mal typisch chinesische Theologie. Da fragte mich doch die chinesisch-stämmige Jugendleiterin einer anglikanischen Gemeinde in Singapur beim "Won Ton-Suppe" Löffeln: "Was glaubst du: Lebt in bekehrten Kindern der Heilige Geist?"

"Klar doch, wer Jesus hat, hat ihn nur durch den Geist!", antwortete ich.

Mehr "Won Tons" - diesmal gedämpft im Bambuskörbchen. Wirklich vorzüglich, diese Straßenrestaurants in Singapur ...

"Und wenn dann der Heilige Geist in so einem Sechsjährigen lebt, ist es eine Kinderversion des Heiligen Geistes - oder der echte, sozusagen erwachsene Heflige Geist?", fragte sie weiter.

,Natürlich der erwachsene Heilige Geist! Die große Ausgabe. Keine abgespeckte Babyversion, kein Holy Spirit light", antwortete ich.

"Das ist die Theorie", antwortete sie mir-Aber in der Praxis läuft das oft ganz anders. Die Kinder hatten bis vor kurzem in unserer Gemeinde eine Art Randexistenz. Die Erwachsenen feierten ihren Gottesdienst mit dem auf Erwachsene zugeschnittenen Programm. Da die Kinder dabei sowie so nur stören würden, traf sich die Jugendgruppe - damals mit etwa 30 Leuten - zu ihrem eigenen Programm. Dort erzählten wir ihnen das Gleichnis vom verlorenen Schaf und andere Kindergeschichten. Wir jagten sie dann die Bäume rauf und runter, um sie geistlich nicht zu überfordern. Doch vor kurzem hat sich das alles geändert. Und es begann mit genau der Frage, die ich dir anfangs gestellt habe. Nun erkennen wir: Der Heilige Geist ist in Kindern ein genauso erwachsener und mächtiger Heilige Geist wie bei den großen Leuten. Ja, Körpergröße, Reife, Charaktereigenschaften und andere Dinge sind bei den Kleinen' nicht so ausgeprägt. Trotzdem kann der Heilige Geist durch einen Sechsjährigen eigentlich genau dasselbe tun wie durch einen neunzigjährigen angesehenen Leiter eines Gemeindeverbandes, der durch alle Höhen und Tiefen des Lebens gegangen ist", meinte sie.

"Und was habt ihr dann getan, nachdem euch dieses Licht aufgegangen ist?", fragte ich weiter. Die"Won Tons" waren längst kalt geworden.

Im Alten Testament hörte zu einer bestimmten Zeit fast niemand mehr Gottes Stimme - bis auf den kleinen Samuel. Das hat uns inspiriert. Wir haben beispielsweise damit begonnen, Kindern ab sechs Jahren zu zeigen, wie man Gott anbetet, Gottes Stimme hört und prophetisch redet. Wir haben ihnen dann gezeigt, wie man für Kranke betet. Und oft kam es sogar vor, dass wir Kinder zu Hausbes , uchen bei Kranken mitnahmen. Dort durften.sie mit den Ältesten beten. Viele dieser Kind er haben einen so großen Daddy im Himmel, der absolut alles kann. Manchmal sahen wir nur noch konsterniert zu, wie Kranke auf ihre Gebete hin geheilt wurden. Und das Beste: Als die Kinder den Dreh einigermaßen raus hatten, machten sie natürlich mit dem Gebet für Kranke auch vor den Schultoren nicht halt. Manche beteten für alles, was sich bewegte: kranke Knie von Mitschülern, lahme Katzen und abgestürzte Vögel. Sie machten die erstaunlichsten Erfahrungen. Auch unsere Gemeinde veränderte sich dadurch. Unsere Jugendarbeit wuchs von einer traditionellen Jugendgruppe auf etwa 2.000 Jugendliche heute an."

Irgendwie "funkte" das Gespräch bei mir. Es gab einmal eine Zeit, in der die Kirche die Väter verloren hatte. Die Kirche wurde entweder von unverheirateten Mönchen oder einigen wenigen verheirateten Magistern, Lizentiaten und anderen arbeitskranken Doktoren der Theologie gesteuert, verwaltet und erklärt. Nüchterne Wissenschaftler und theologische Philosophen mit blasser Büchereihautfarbe und lateinischem Slang gaben den To,n an. Im Kinderzimmer konnte man sich diese wahrlich nicht vorstellen! Die dadurch "deformierte" Kirche entwickelte sich zu etwas Hochkompliziertem - nur für Erwachsene! Kinder dürfen Adventskalender aüfmachen, an Weihnachten den Joseph und die Maria spielen und malen - immer wieder malen! - Kinderlieder singen und bestaunen - solange ihre Eltern dem Pfarrer zuhören können, ohne dabei einzuschlafen.

Alle fragen immer:"Was machen wir mit den Kindern in der Kirche?" Wenn aber heute Kinder und Teenies in einem weltweiten, viel zu stillen Aufbruch wieder lernen, Gottes Stimme zu hören,... Wenn sie Visionen und Träume haben und unter Tränen beten,... Wenn sie ihre Kameraden zu Jesus führen und die Bibel auswendig lernen.... Und wenn derzeit Tausende von Jugendkirchen auf der ganzen Welt entstehen, ist die Zeit dann nicht gekommen, den ganzen Spieß einmal umzudrehen?

"Hey Kids! Sagt mal, was machen wir bloß mit den Eltern?«

Artikel aus der Zeitschrift „Praxis“